Hass ist das Gegenteil von Liebe. Stimmt’s? Nicht ganz. Zwar ist das die gängige Ansicht, doch ist das so nicht richtig. Angst ist das Gegenteil von Liebe. Ich kann nicht gleichzeitig im Gefühl der Liebe sein und Angst haben. Sie schließen sich gegenseitig aus.
Als Abschluss eines bei den meisten Menschen durch und durch von Angst (bewusst oder unterbewusst!) bestimmten Jahres möchte ich daher einige Gedanken zu diesem Thema festhalten.
Es gibt verschiedene Arten von Angst, ich kategorisiere sie als „gesunde“ und „ungesunde“ Angst. Die gesunde Angstreaktion stellt sich ein in Gefahrensituationen, bei denen man in den sogenannten „fight or flight“ Modus schalten sollte. Diese Art von Angst ist definitiv hilfreich und biologisch tief in uns verwurzelt. Darüber muss man also nicht länger diskutieren.
Kommen wir also zur ungesunden Angst. Jeder von uns leidet darunter, die einen mehr bzw. konstanter, die anderen weniger bzw. eher sporadisch. Doch jeder kennt sie. Es ist die kleine Stimme in uns, die permanent Worst-Case-Szenarien in uns heraufbeschwört, es ist der Hypochonder, der an allen erdenklichen Krankheiten leidet, obwohl er pumperlgesund ist, es ist die frei umherschwirrende Furcht vor der Welt und allen ihr innewohnenden Gefahren, es ist die Angst vor dem Tod, es ist die Angst vor dem Leben.
Ich bin davon überzeugt (und es gibt genügend Coaches, Psychologen, spirituelle Lehrer und Mentoren, die diese Meinung vertreten), dass man sich von dieser Art von Angst frei machen kann. Denn sie ist rein psychologischer Natur und jeder, wirklich jeder gesunde Mensch kann an seiner Psyche arbeiten. Voraussetzung dafür ist, dass er auch wirklich will! Daran scheitert es allerdings meistens.
Ich gliedere die ungesunden Angstzustände in zwei Obergruppen: die existenzielle Lebensangst und die Angst vor Krankheit und Tod.
Der Großteil existenzieller Sorgengedanken beruht auf einer vom System und der Gesellschaft aufgebauten Erwartungshaltung bzw. eines Lebensstandards und des sozialen Status‘ (die sozialen Medien sind hierbei ein nicht unerheblicher Faktor, der das eigene Minderwertigkeitsgefühl bzw. die Angst um den eigenen Status deutlich beeinflusst). Natürlich lässt sich dies alles auf das angeborene Sicherheitsbedürfnis zurückführen, aber wenn wir ehrlich sind, geht es uns in der Regel hauptsächlich darum, ein bestimmtes Lebensniveau, ein gewisses Komfortlevel zu erhalten, als den tatsächlichen finanziellen oder sozialen Ruin zu vermeiden. Das ist in den meisten Fällen ohnehin nicht die akute Gefahr, sondern nur ein von unserer Psyche vermittelter Worst-Case (im Englischen wird dieser Mechanismus wunderbar durch das Wort „catastrophizing“ ausgedrückt). Das führt zu der Frage, warum man sich permanent diesem psychischen Druck aussetzt? Warum haben wir kein Vertrauen ins Leben? Selbst wenn es mal nicht zum Besten steht, es geht in der Regel immer weiter und wird wieder besser. Ich wette, so gut wie jeder war mal in einer scheinbar aussichtslosen Situation und dann fand sich doch ein Weg. Wieso sich Sorgen machen über Dinge, die noch gar nicht passiert sind bzw. bei denen sich die Lösung erst findet (finden kann!), sobald sie eingetreten sind. Man kann sich in der akuten Not immer noch genug Sorgen machen oder nicht? Und nicht falsch verstehen, sich keine Sorgen im Vorhinein zu machen, heißt nicht, dass ich mir keine möglichen Lösungen überlegen kann. Ich verfalle dabei nur nicht in Panik, was mir wiederum einen klareren Verstand und damit ein fokussierteres Vorgehen im Findungsprozess ermöglicht.
Die zweite Seite der Angstmedaille ist unsere vollkommen falsche Einstellung zum Tod. Leider wurde in unserer westlichen Gesellschaft über Jahrhunderte unser Verhältnis zum Sterben komplett ins Negative gezogen. Der Tod als Feind. Dabei ist es genau umgekehrt. Der Tod gehört genauso zum Leben wie die Geburt. Wieso feiert man ihn nicht dementsprechend, so wie es in vielen meist indigenen Kulturen getan wird? Man muss nicht einmal an Wiedergeburt glauben, auch nicht an ein Leben nach dem Tod, oder irgendeine Form des Weiterexistierens. Wer glaubt, es kommt danach rein gar nichts, hat meiner Meinung nach zwar nur noch nicht die Verbindung zum Ursprung (oder wie man es nennen möchte) wiedergefunden, aber auch das ist ein Szenario, weswegen der Tod nicht als etwas Negatives empfunden werden muss. Paradoxerweise schimpfen so viele Menschen permanent über das Leben und wie schlecht alles daran ist, klammern sich dann aber (fast) alle bis zum letzten Atemzug wie Verzweifelte daran. Ist das nicht amüsant?
Genau das gleiche gilt für Krankheiten. Viele Krankheiten dienen in der Regel als Hinweis darauf, dass man etwas in seinem Leben ändern sollte. Sie sind oftmals der letzte Ausweg des Körpers zu signalisieren, dass etwas so nicht in Ordnung ist und man nicht weitermachen sollte wie bisher. Insofern sollte man Krankheiten dankbar akzeptieren statt vor ihnen panische Angst zu haben und sie als Todfeind zu bekämpfen. (Meiner Meinung nach liegt hier der größte Irrtum der Schulmedizin begraben.)
Es ist wissenschaftlich in vielen Studien nachgewiesen worden, dass man Angst antrainieren kann. An bestimmte Trigger (wie Geräusche, Worte) gekoppelt, lässt sich unabhängig der Situation sofort Angst erzeugen, welche sich in physischen, stresstypischen Merkmalen erkennbar macht. Angst ruft Stress hervor bzw. verstärkt dessen Symptome. Stress wiederum beeinträchtigt das Immunsystem und der Körper wird dadurch anfälliger für Krankheiten. Das Ungesündeste, was man also machen kann, ist permanent in Angstzuständen zu leben. Was wird allerdings seit Jahren mit uns gemacht? Wir werden durch die Medien konstant in Angst gehalten. Warum? Weil sich Menschen, die in Angst leben, leichter kontrollieren und lenken lassen. Ein Mensch frei von Angst, ist das Mächtigste, was es auf dieser Welt gibt, weil er souverän, selbstbestimmt und mutig zu agieren in der Lage ist.
Die einfachste Frage, die man sich stellen kann, ist im Grunde diese: Was ist angenehmer: ein Leben in Angst oder ein Leben in Liebe zu führen? Ich schätze, jeder würde eindeutig letzteres bevorzugen. Wieso also entscheiden wir uns nicht einfach klipp und klar dafür? Was hindert uns daran, dies zu tun? Konditionierung, Schweinehündchen und Feigheit. Aber sobald man dies erkannt hat und den Willen aufbringen kann, diszipliniert an sich zu arbeiten, kann alles gelingen.
Ich stelle als Abschluss eine Challenge, die aufgrund meiner persönlichen Erfahrung essentiell im Training gegen Angst ist: mindestens eine Woche keinerlei Nachrichten lesen, hören, ansehen, egal welcher Art, egal welches Medium, auch die sozialen Medien sollten gemieden werden. Am besten Fernseher, Handy, Laptop etc. so wenig wie möglich benutzen und wenn, dann nur für neutrale Dinge. Nach dieser Woche entweder so weiterführen oder sich ein zeitlich limitiertes Fenster setzen, in dem man sich (umfassend, nicht einseitig, sonst kann man es auch gleich sein lassen) über die aktuellen Geschehnisse informiert.
Ich garantiere, die Psyche wird sich verändern. Und keine Sorge, wenn man Nachrichtenfasten betreibt: die tatsächlich relevanten Neuigkeiten bekommt man auch so mit. - Aber was ist am Ende schon wirklich relevant??
*Titel eines Melodrams von Rainer Werner Fassbinder aus dem Jahr 1974.
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